Best Practices

KI im Projektmanagement

Chance oder Risiko?

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt auch im Projektmanagement immer mehr an Bedeutung. Wir sind noch weit davon entfernt, Projekte vollumfänglich von KI steuern zu lassen, aber die Veränderungen im Arbeitsalltag einer Projektmanager:in sind bereits heute spürbar. Langfristig wird KI Projektmanager:innen weitestgehend von administrativen Tätigkeiten entlasten, sodass zwischenmenschliche Kernkompetenzen wie Führung, Kommunikation und Empathie stärker in den Fokus rücken.

Die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf unseren Arbeitsalltag werden schon seit längerer Zeit vielerorts kontrovers diskutiert. Glaubt man dem amerikanischen Markforschungsunternehmen Gartner, werden im Jahr 2020 2,3 Millionen neue Arbeitsplätze im Bereich KI erschaffen - gleichzeitig gehen 1,8 Millionen Arbeitsplätze aufgrund der Automatisierung von Routinearbeiten verloren. Der Einfluss von KI auf die Beschäftigungsdynamik ist branchenabhängig – im Projektmanagement sollen bis 2030 bis zu 80% der Tätigkeiten automatisiert werden. Als Projektmanagement-Beratung ist es unsere Aufgabe, zu verstehen, welchen Einfluss die Trends zum Einsatz von KI und Automation auf unser Tätigkeitsfeld und das unserer Kunden zukünftig haben werden.

Wie ist KI im Projektmanagement zu verstehen?

Projektmanagement-KI ist ein System, das in der Lage ist, das Tagesgeschehen in Projekten zu managen, ohne dabei auf menschlichen Input angewiesen zu sein. Zum einen bedeutet dies die Automation von Routinetätigkeiten wie bspw. die Erstellung von Statusreports. Zum anderen generiert KI neue Einsichten in die Projekt-Performance. KI ist beispielsweise in der Lage, im Rahmen der Software-Entwicklung jede Änderung am Quellcode nachzuvollziehen, sodass sich eine Verbindung zwischen auftretenden Bugs, dem zugehörigen Code und den damit verbundenen Arbeitspaketen herstellen lässt. Eine solche Analyse deckt die Nuancen in den Arbeits- und Verhaltensmustern des Projektteams auf. Sie erlaubt es allen Mitarbeiter:innen, das passende Arbeitspaket in Bezug auf individuelle Fähigkeiten und Arbeitstempo auszuwählen, schnell aus Fehlern zu lernen und damit ein nachhaltiges Wissensmanagement zu etablieren.

Und wo stehen wir aktuell?

Um den Einfluss von KI auf das Projektmanagement zu verstehen, ist es wichtig, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was KI bedeutet. Da Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) oft synonym verwendet werden, ist es nützlich, sich zunächst mit den Definitionen dieser Konzepte vertraut zu machen:

  • Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der automatisierten Lösung von Problemen beschäftigt, die im Normalfall menschliche Intelligenz benötigen (bspw. Mustererkennung). In der einfachsten Form wird dies über feste Verhaltensregeln in Form eines Algorithmus erreicht. Derartige KIs eignen sich allerdings lediglich dafür, strikt definierte Aufgaben zu lösen. Man spricht von einer schwachen KI. Eine starke KI wäre in der Lage, auf Augenhöhe mit Menschen zu arbeiten und diese bei der Problemlösung zu unterstützen. In absehbarer Zukunft werden wir uns lediglich im Bereich schwacher“ KI bewegen. Der Oxford-Philosoph Nick Bostrom, einer der führenden Experten im Bereich KI, geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer starken KI vor dem Jahr 2033 weniger als 50% beträgt.

  • Machine Learning

Bei Machine-Learning-Systemen (ML) werden die Algorithmen zur Problembewältigung nicht von außen vorgegeben. Vielmehr handelt es sich hier um einen Lernalgorithmus, der mit Trainingsdaten gefüttert wird und auf dieser Basis eigene Algorithmen für die Problembewältigung aufstellt. ML beschreibt somit die Fähigkeit eines Programms, eigenständig zu lernen. Wie oben bereits erwähnt, bewegen wir uns im Projektmanagement bisher im Bereich schwacher KI. KI ist noch nicht in der Lage, Projekte ganzheitlich zu managen – das Einsatzgebiet beschränkt sich auf voneinander getrennte, klar definierte Unterstützungstätigkeiten für Projektteams. Es lässt sich aber bereits erahnen, dass KI im Projektmanagement in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.

Chatbots wie beispielsweise kore.ai lassen sich problemlos in Projektmanagement-Tools wie JIRA oder Slack integrieren und übernehmen repetitive Arbeiten wie die Meeting-Organisation oder das Tracking von Arbeitspaketen inklusive des Versands von Erinnerungen an die Teammitglieder. Studien zeigen, dass Projektmanager:innen aktuell mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit administrativen Tätigkeiten verbringen. Der Einsatz von derartigen Chatbots kann diesen Aufwand halbieren.

Aktuelle KI-Use-Cases im Projektmanagement

Etwas komplexer gestaltet sich die Analyse von Arbeitsmustern von Projektteams. Durch die Analyse von Projektdaten, wie beispielsweise des Abarbeitungstempos von Arbeitspaketen oder Fehler-Raten, kann die KI frühzeitig mögliche Termin- oder Ressourcenengpässe identifizieren und den Projektmanager:innen entsprechende Korrekturmaßnahmen vorschlagen. Bei dem ein oder anderen mag dies Überwachungsängste hervorrufen. Ziel einer solchen Analyse ist es jedoch, Engpässe zu erkennen, um Projektmitarbeiter:innen frühzeitig zu entlasten und ein nachhaltiges Arbeitstempo sicherzustellen. Die Vermeidung von heute typischen Lastspitzen in der Projektarbeit kann für eine höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeiter:innen sorgen und so zum Projekterfolg beitragen. Folgendermaßen unterstützt KI Projektmanager:innen schon heute im Berufsalltag:

  1. Übernahme repetitiver Arbeiten, wie Meeting-Organisation oder Aktivitäts-Erinnerungen
  2. Chatbots kommen zum Einsatz, um Nachfragen zu klären und Status Updates einzuholen
  3. Projekt-Controlling , in dem automatisch Warnsignale bei potentiellen Budget- oder Terminabweichungen geliefert werden
  4. Entscheidungshilfe durch Datenanalyse und -visualisierung
  5. Vereinfacht Analysen wie komplexe Wert- und Risikoanalysen

Barriere Datenqualität

Schwache KI-Tools sind darauf angewiesen, dass Projektmitglieder zeitgerecht korrekte Daten eingeben und ggf. Korrekturen an diesen Daten vornehmen. Auch für KI gilt daher das SISO-Prinzip ("shit in, shit out"). Schlechte Datenqualität ist der größte Feind jeder sinnvollen Analyse. Entsprechen Datenmenge und -qualität nicht den Anforderungen, kann selbst der beste Algorithmus keine (neuen) Erkenntnisse liefern. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die KI daher auf die User angewiesen. Je höher Datenmenge und -qualität, desto verlässlicher, zutreffender und nachvollziehbarer werden die Vorhersagen einer Projektmanagement-KI.

Natürlich kann KI auch selbst einen Beitrag zur Lösung dieses Problems beitragen, indem a) fehlende Datensätze selbstständig durch Annahmen auf Basis der vorhandenen Daten gefüllt werden, b) Chatbots die Projektteams dazu auffordern, fehlende Daten nachzutragen oder c) Machine-Learning-Ansätze genutzt werden, um neue Metadaten zu generieren, die bisher unbekannte Konzepte und Faktoren für den Projekterfolg zu Tage bringen.

Fazit

Die Veränderung des Berufsalltags von Projektmanager:innen durch disruptive Technologien wird zur neuen Normalität und der Einsatz von KI vom Nice to have zum essenziellen Werkzeug. Mit dem richtigen Mindset entsteht hier für Projektmanager:innen die große Chance, sich mehr und mehr auf Kompetenzen wie Führung, Kommunikation, Empathie und Kollaboration zu konzentrieren. Entsprechende Aus- und Fortbildungen zur Förderung dieser Kernkompetenzen rücken in den Fokus.

David Treffenstädt

David Treffenstädt