Agile Lösungen

Überblick zum Update auf SAFe 6.0

Am 15. März 2023 enthüllte Scaled Agile mit SAFe 6.0 die neueste Version des Scaled Agile Frame-works®. Mit diesem Update wurde das SAFe Big Picture als Toolbox zu Problemlösung für Fragestellungen rund um die Business-Agilität weiter vereinfacht und erläutert.

Grundsätzlich lässt sich das Update in sechs große Themenfelder gliedern:

  1. Stärkung der Grundlage für Business-Agilität
  2. Teams stärken und Zuständigkeiten klären
  3. Beschleunigung des Wertflusses
  4. Verbesserung der Agilität im gesamten Unternehmen
  5. Mit KI, Big Data und Cloud die Zukunft gestalten
  6. Bessere Ergebnisse mit „Measure and Grow“ und OKRs  erzielen

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Updates ist eine stärkere Verankerung der Lean-Prinzipien im Framework. Neben der Ablösung des House of Lean durch die fünf Lean-Thinking Prinzipien im „Lean-Agile Mindset“, zeigt sich dies besonders in den Neuerungen zur „Beschleunigung des Wertflusses“. Diese wollen wir mit diesem Blogartikel näher beleuchten.

It’s all about flow

Bei der Betrachtung des neuen Big Pictures sticht sofort die sehr prominente Platzierung des Wert-flusses (engl. „flow“) auf jeder Ebene des Frameworks (Portfolio, Solution Train, ART und Team-Ebene) ins Auge. In den zugehörigen vier neuen Flow-Artikeln werden acht „Flow-Beschleuniger“, die eine Erweiterung des sechsten SAFe-Prinzips der Version 5 („Visualize and limit WIP, reduce batch sizes, and manage queue lengths“) darstellen, vorgestellt:

  • Visualisiere und begrenze Work-in-Progress (WIP)
  • Behebe Engpässe
  • Minimiere Übergaben und Abhängigkeiten
  • Schnellere Feedbackschleifen
  • Arbeite in kleineren Chargen
  • Reduziere Warteschlangen
  • Optimiere Zeit „in der Zone“
  • Korrigiere veraltete Richtlinien und Praktiken

Die Beschleuniger liefern eine Toolbox zur Problemlösung rund um den kontinuierlichen Wertfluss auf allen Organisationsebenen.

Die im Wesentlichen aus dem Gedankengut von Lean und Kanban stammenden Prinzipien  sind grundsätzlich nicht neu und SAFe galt auch schon vor der Version 6.0 als Flow-basiertes Framework. Die explizite Verankerung des Flows über alle Ebenen der Organisation hinweg sowie die Umwidmung des Prinzip #6 zu „Make Value Flow without Interruptions“ verdeutlichen jedoch den enormen Stellenwert, den das Thema Wertfluss bezüglich des Erfolgs einer SAFe Organisation einnimmt.

Auch wir beobachten bei unseren Kunden dass, wenn die grundlegenden agilen Arbeitsprozesse wie beispielsweise Rollen, Meetings und Artefakte aus dem Scrum-Framework erstmal etabliert sind, der Fokus auf Problemstellungen rund um die Optimierungen des Arbeitsflusses schwingt. Die Teammitglieder sind mit ihren Zuständigkeiten vertraut und wissen, wie sie effektiv zusammenarbeiten. Die Erkenntnisse z.B. aus den Retrospektiven werden zunehmend prozessorientierter. Problemstellungen rund um Bottlenecks  oder nicht ganz cross-funktionale Teams, die Übergaben erforderlich machen, rücken in den Vordergrund. Die erweiterte Toolbox von SAFe 6.0 liefert hier nun weitere gute Lösungsansätze.

Auf der Teamebene setzt dies zukünftig der Team Coach um. Mit der Erweiterung bzw. Umwidmung der Scrum Master-Rolle wird deutlich, dass diese Rolle einen höheren Fokus auf Aufgaben und Verantwortung legt, die über Scrum hinausgehen. Der Team Coach leistet beispielsweise durch die Etablierung von Kanban-Boards und -Prozessen einen Beitrag, die Team- und ART-Perfomance mit Blick auf den Wertfluss zu optimieren.

Lean-Prinzipien  in der Wissensarbeit: Herausforderungen und Chancen

Spannend bleibt die schon lange diskutierte Fragestellung rund um den Transfer der Lean-Prinzipien aus der Produktion in die Wissensarbeit. Wo bei Toyota noch sehr sichtbar Autos standardisierte Fertigungsprozesse an einem Fließband durchlaufen werden, ist die Softwareentwicklung von der Natur her eher immateriell und variabel. Die Qualität von Software ist schwer zu messen und hängt stark von Fähigkeiten, Erfahrung und Kreativität des jeweiligen Entwickelnden ab. Stark standardisierte Prozesse schränken außerdem die Innovationsfähigkeit von Organisationen ein, die wiederum in der heutigen Zeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Organisationen im Wissensbereich ist. Humble, Molesky und O’Reilly argumentieren in „The Lean Enterprise“ dafür, anstelle der Eliminierung von Verschwendung und der Steigerung von Effizienz, die Lean-Organisation als „lernende Organisation“ in den Fokus zu rücken. Durch kontinuierliches Lernen und Experimentieren wird die Organisation befähigt, sich an die ständig ändernden Wettbewerbsumgebungen anzupassen. Auch dieser Gedanke findet sich im SAFe 6.0 Update wieder. Innovation ist ein wesentlicher Bestandteil der Kernkompetenz „Continuous Learning Culture“. Diese findet sich in 6.0 im „SAFe-Fundament“ wieder und ist somit für alle Konfigurationen essenziell.

Für unsere Kunden ist nun die Zeit gekommen, sich mit den wertvollen Ergänzungen zum SAFe-Framework auseinanderzusetzen und diese zu verinnerlichen. SAFe 6.0 bietet weitere Stellschrauben auf dem Weg zur optimierten Business-Agilität, wirft aber gleichzeitig auch einige Fragen bzgl. der konkreten Änderungen in den bisherigen operativen Arbeitsabläufen auf. Unsere Berater:innen stellen durch Schulungen und Coaching sicher, dass die neuen Werkzeuge effektiv genutzt werden können, berücksichtigen aber auch die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Kunden und finden pragmatische Lösungen für die effektive Implementierung der SAFe-Prozesse in die bestehende Geschäfts- und Strategieprozesslandschaft.

David Treffenstädt

Autor

David Treffenstädt