Agile Lösungen

Die Essentials des State of Agile Report 2022

Scrum, SAFe & Kanban kämpfen um die Spitzenplätze, während diese 3 Barrieren agile Transformation sabotieren.

Die 16. Ausgabe des State of Agile Reports, die längste fortlaufende Erhebung rund um Agilität ist veröffentlicht. Der Report von Digital.ai, ein Technologie-Unternehmen, das Firmen bei der digitalen Transformation begleitet, basiert auf einer Umfrage unter 3.220 agilen Praktiker:innen aus weltweit verteilten Unternehmen mit einer Größe zwischen 100 und 20.000 Angestellten. Er beleuchtet die Adoption agiler Arbeitsweisen im Hinblick auf die drei Schlüsselkomponenten Mensch, Prozesse und Tools. In diesem Blogartikel fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse für Sie zusammen.

Scrum und SAFe weiterhin auf #1, starkes Wachstum bei Kanban und Scrum@Scale/Scrum of Scrums

Auf der Teamebene kommt mittlerweile bei 87% aller Befragten Scrum zum Einsatz. Ausgehend von einem Wert von 58% vor drei Jahren hat das Framework die Spitzenposition bei den agilen Vorgehensmodellen weiter ausgebaut und Kanban (56%) und Scrumban (27%) deutlich hinter sich gelassen. Erwähnenswert ist jedoch die stark verbesserte Adoptionsrate von Kanban – vor 3 Jahren lag der Wert noch bei lediglich 7%.

Das dürfte vor allem daran liegen, dass Kanban einen vermeintlich einfacheren Einstieg in agile Arbeitsweisen bietet. Wo die Einführung von Scrum vom Start weg große Veränderungen, was Arbeitsabläufe, Rollen und Titel betrifft, in sich birgt, lautet bei Kanban die Devise „Start with what you are doing now“. Transparenz über die aktuellen Arbeitsprozesse zu schaffen und in Form eines Kanban Boards zu visualisieren, ist inzwischen auch bei unseren eher vom klassischen Projektmanagement geprägten Kunden weit verbreitet. Spannender bzgl. einer vollumfänglichen Kanban-Einführung ist die Frage, ob man es auch schafft, in den Teams die Mentalität der kontinuierlichen Verbesserung zu etablieren und sich nicht mit der reinen Nutzung eines Kanban-Boards für das Aufgabenmanagement zu-frieden gibt.

Bei den Skalierungsmodellen nimmt weiterhin das Scaled Agile Framework (SAFe) mit 53% Adoptionsrate den Spitzenplatz ein. Gefolgt wird es von Scrum@Scale/Scrum of Scrums mit 28%, das nach einer Adoptionsrate von lediglich 9% im Vorjahr einen deutlichen Zuwachs verbuchen konnte. Andere große Skalierungsframeworks wie Large Scale Scrum (LeSS) (6%) oder Nexus (3%) dagegen liegen inzwischen weit hinter den beiden Spitzenreitern zurück.

Business Alignment: Wie sich der Erfolg agiler Teams messen lässt

Der Teamerfolg wird in den Organisationen der meist Befragten inzwischen an ihrem Beitrag zu den Unternehmenszielen gemessen, wobei hierzu eine Vielzahl von Metriken zum Einsatz kommt. Neben übergreifenden Geschäftsmetriken (39%), End-user Umfragen (30%) und individuellen Projektmetriken (30%) kommen hierfür bspw. auch OKRs  (27%) zum Einsatz.

Dies sorgt auch auf der Teamebene für mehr Alignment: 54% aller Befragten gaben an, dass, wenn die agile Transformation im Unternehmen gut läuft, die Teams ein besseres Verständnis für die Unternehmensziele und ihren eigenen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele gewinnen.

Die Top 3 Barrieren: Führung, Organisationskultur und mangelndes Wissen

Obwohl bereits 80% der Befragten angeben agile Vorgehensmodelle in ihrem Unternehmen zu nutzen, gilt es weiterhin einige organisationale Hürden zu überwinden. Die größte Herausforderung für die erfolgreiche Adoption von agilen Arbeitsweisen sehen die Befragten beim Thema Führung. 39% der Befragten gaben an, dass die Führungskräfte in ihrem Unternehmen Agilität nicht verstehen oder aktiv behindern, 42% gaben an, dass sich Führungskräfte nicht aktiv genug in die agile Transformation einbringen.

Zusätzliche Hürden sind generelle Veränderungsresistenz in den Organisationen der Befragten (40%) sowie mangelndes Wissen rund um Agilität (ebenfalls 40%). Diese Hürden beeinträchtigen vor allem die Adoption von agilen Arbeitsweisen auch außerhalb der IT, beispielsweise in den Bereichen HR oder Marketing.

Für Agile Coaches und Consultants gilt es daher, die Aus- und Weiterbildung von Führungskräften zu fokussieren, da die Einbindung und Unterstützung von Führungskräften als zentrale Erfolgsfaktoren für die agile Transformation identifiziert wurden.

Remote oder nicht remote – das ist hier die Frage

80% aller Befragten gaben an, dass agiles Arbeiten inzwischen in geographisch verteilten Teams stattfindet und über 50% gaben an größtenteils remote zu arbeiten. Die spiegelt auch der große Anstieg in der Nutzung von Tools für die Unterstützung von virtueller Kollaboration wider. Digitale Whiteboards wie Mural oder Miro sind neben Jira  (66%) mit inzwischen 42% Adoptionsrate das zweitmeist genutzte Tool der Befragten. Spannend wird es sein zu beobachten, wie sich die agile Zusammenarbeit durch die Rückkehr in die Büros verändern wird. Nach guten zwei Jahren fast reiner virtueller agiler Zusammenarbeit, müssen sich die Best Practices der hybriden Zusammenarbeit noch herauskristallisieren.

Auch unsere Kunden beschäftigen sich gerade intensiv damit, wie die Rückkehr in die Büros gestaltet werden kann. Hierbei ergibt sich bisher ein diverses Bild von Unternehmen, die bisher noch keinerlei Guidance ausgegeben haben und weiterhin mehr oder weniger „fully remote“ arbeiten bis hin zu einigen wenigen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen aufgefordert haben, vollständig in die Büros zurückzukehren. Der grundsätzliche Trend zeigt aber klar: Home Office wird ein fester Bestandteil des Arbeitsplatzes der Zukunft bleiben. Ob es am Ende eine 1:4-Modell, 2:3-Modell oder wöchentlich rollierende Anwesenheiten von Teams gibt, wird jedes Unternehmen individuell entscheiden. Mit Blick auf den „war for talents“ rückt die Ausgestaltung flexibler Arbeitsmodelle jedoch weiter in den strategischen Fokus.

David Treffenstädt

Autor

David Treffenstädt